CD, LP, BluRay

So stürmt man Himmel und Charts

Karajans Beethoven. In Berlin produzierte der Maestro die Symphonien und die "Missa solemnis". Die Erfolgsgeschichte ist noch immer nicht zu Ende.

Die ersten Takte dieser Aufnahme der "Missa solemnis" gehören zu den akustischen Wundern. Dem feierlichen Auftakt von Orchester und Chor folgt die Entfaltung dreier einzigartiger Stimmen: Fritz Wunderlich, Gundula Janowitz und Christa Ludwig rufen nacheinander "Kyrie", ein Fest vokaler Schönheit und Leuchtkraft, die in Tönen widerspiegelt, was ein Besucher gotischer Kathedralen empfinden mag, wenn das Sonnenlicht durch bunte Glasfenster ins mystische Kirchendunkel scheint. Wer's je gehört hat, weiß, dass das Bild nicht pathetisch-übertrieben ist.

Nachzuprüfen anhand der soeben erschienenen Neu-Edition, im Doppelpack mit einer Blue-Ray-Audio-Disc, die ein völlig neues Hörerlebnis ermöglicht. Was bis dato nur in Digitalisierungen für das CD-Format greifbar war, steht nun dank der Speicherkapazität des neuen Mediums in High-Definition-Qualität (24-bit/192 kHz) zur Verfügung, und das klingt sogar für fanatische Analogfreunde, die ihre alte Schallplatten-Kassette nie weggegeben haben, ziemlich überzeugend.

Die Rückkehr der Schallplatte

Doch ist es kein Grund, sich nun von seiner Plattensammlung zu trennen. Erstens gibt es noch nicht viele Aufnahmeklassiker in HD-Qualität im Handel. Zweitens haben die großen Labels längst erkannt, dass der LP-Markt durchaus wiederbelebt werden kann. Die Hi-Fi-Technologie hat nie aufgehört, sich auch um eine Weiterentwicklung der scheinbar veralteten Schallplatte zu kümmern, bringt immer neue, raffiniert hochgezüchtete Plattenspieler heraus.

Und für die gibt es auch "Futter". Um das Feld nicht Nischenfirmen zu überlassen - die wie beispielsweise Speakers Corner sensationelle, rein analog von Originalbändern hergestellte Neupressungen produzieren -, bringen die großen Labels Reprints legendärer Katalognummern heraus.

Sie greifen beim Remastering zwar in der Regel auf die HD-Digitalisierungen ihrer Aufnahmen zurück, erzielen aber mittlerweile dank exzellenter Pressverfahren und erstklassigem 180-Gramm-Vinyl erstaunliche Ergebnisse.

So ist quasi mit derselben Lieferung mit der Blue-Ray-"Missa" eine Kassette mit acht Langspielplatten herausgekommen, die in Vintage-Design die legendäre Gesamtaufnahme der Beethoven-Symphonien durch Karajan und die Berliner Philharmoniker enthält. Das Ergebnis kann auch Analogpuristen überzeugen. Der Klang ist von eminenter Tiefenstaffelung und räumlich großzügig, auch in den Höhen fein differenziert.

Damit wird eine Erfolgsgeschichte weitergeschrieben, die in der Geschichte der Tonaufnahme ihresgleichen - zumindest im Klassikbereich - nicht haben dürfte.

Noch als die Aufnahmeserie in der Berliner Jesus-Christus-Kirche begann, unkte die Konkurrenz, die Deutsche Grammophon Gesellschaft werde sich übernehmen. Das bis dahin teuerste Projekt aller Zeiten müsse ja Verkaufszahlen bis zu 100.000 Einheiten erzielen, um die Kosten hereinzuspielen.

Zehn Jahre später hatte man die Kassette der neun Symphonien eine Million Mal verkauft. Auch in unseren Tagen ist und bleibt dieser Beethoven-Zyklus der Bestseller. Und er ist im Beethoven-Jubiläumsjahr nun wieder in "beiderlei Gestalt" zu haben: auf LP und CD - und sogar auch auf Blue-Ray-Disc in HD-Qualität.

Bleibt nur eine bittere Geschichte nachzureichen: Das "Wunderteam" der "Missa" mit Walter Berry als Bass-Solisten ging im Februar 1965 unmittelbar im Anschluss an die Beethoven-Aufnahmen daran, auch noch Haydns "Schöpfung" aufzunehmen. Doch als diese Produktion nach einer Pause von einigen Monaten fertiggestellt werden sollte, war Fritz Wunderlich bereits tot . . .