Kühe! Können Sie sich das vorstellen! Kühe – für eine der schönsten Symphonien, die je geschrieben worden sind?“ Die Empörung des Dirigenten, artikuliert im Gespräch mit einem Journalisten, war enorm. Die Deutsche Grammophon (DG) hatte Rafael Kubelíks Aufnahme der Siebenten Symphonie von Antonín Dvorák mit einem Cover veröffentlicht, das ein bäuerliches Idyll im Märchenbuchstil zeigte. Zur Musik passte das tatsächlich nicht; die Firma musste den Lapsus korrigieren, erst dann war Kubelík bereit, wieder ins Studio zu gehen, um die Gesamtaufnahme zu Ende zu bringen, einen der großen Symphonien-Zyklen, die er für die DG eingespielt hat und die nun in einer Box mit 64 CDs und zwei DVDs vorliegen. Das dokumentiert nicht zuletzt die glückliche Zusammenarbeit Kubelíks mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, die einzige, die dieser energische, wenn auch im Grunde freundliche Künstler über eine lange Zeitspanne hin gepflegt hat. Oft zog er sich rasch zurück, etwa nach den Angriffen durch eine gegen seinen Einsatz für Zeitgenossen wütende Journalistin in Chicago oder im Gefolge chauvinistischer Untergriffe des Kollegen Thomas Beecham in London. Auch mit den Wiener Philharmonikern verband Kubelík zeitweise eine (hier, weil die Decca-Aufnahmen exkludiert wurden, nicht dokumentierte) innige Partnerschaft, die Anfang der Siebzigerjahre sang- und klanglos „auslief“. Was vielleicht auch damit zu tun hatte, dass man in Wien plötzlich Leonard Bernstein dem bisher so engagierten Vorkämpfer für Gustav Mahler, Kubelík, medienwirksam vorzog.
Stilsicher. Die DG-Box birgt nicht nur Kubelíks maßstabsetzende, weil wie der Komponist selbst im böhmischem Musikantengeist wurzelnde Mahler-Interpretationen, sondern stilsichere Wiedergaben zentraler Werke des großen Repertoires zwischen Beethoven und Schumann; herausragende, weil „musizierte“ Wiedergaben neuerer Musik wie Bergs (mit Henryk Szeryng) und Schönbergs Violinkonzert (mit Zvi Zeitlin) oder Symphonien Karl Amadeus Hartmanns. Dazu Bekanntes und weniger Bekanntes aus böhmisch-mährischen Landen, von Smetana und Dvořák bis zu Janáček-Interpretationen, die in ihrem Impetus ihresgleichen nicht haben. Als Zuwaag’ Händels große Freiluftmusiken zu Wasser und unter Feuerwerkskörpern, die in unseren Originalklang-Tagen das Wort „barock“ durch den prächtigen Klang der Berliner Philharmoniker schon wieder aufregend neu definieren. (DG)