Die Welt der Familie Couperin
Gleich drei neue Sets führen uns in die Welt des Louis XIV und seiner
Hofmusikanten aus der Dynastie Couperin. Louis (1626–1661) darf als
Ahnvater einer Reihe von bedeutenden Musikern gelten, die (für fast zwei
Jahrhunderte!) den Posten des Organisten von Saint Gervais in Paris
bekleideten. Auf den früh verstorbenen Louis folgte sein Bruder Charles
und später dessen Sohn François, genannt „Le Grand", der berühmteste
aller Couperins. Gemeinsam mit ihrem Bruder François (I.) hatten sich
Louis und Charles eines schönen Sommerabends im Hof eines Herrenhauses
versammelt, um dem Hof-Cembalisten König Ludwigs, Jacques Champion de
Chambonnières, ein Geburtstagsständchen zu bringen. Dessen Komponist,
Louis Couperin, war von diesem Augenblick an ein gemachter Mann.
Chambonnières nahm ihn nach Paris mit, wo er bald zum geachteten
Kammermusiker avancierte. Eine Neuaufnahme der „Nouvelles Suites de
Clavecin" von Louis Couperin durch Christophe Rousset lässt uns
nachvollziehen, was die Zeitgenossen an der Musik dieses Mannes so
fesselte: Da spricht ein Freigeist zu seinen Hörern, dessen musikalische
Erzählungen so ausschweifend gerieten, dass er beim Notieren seiner
Préludes sogar auf Taktstriche verzichtete! Rousset musiziert diese
Werke auf einem prachtvollen historischen Instrument, dem er die
erstaunlichsten Klangvaleurs entlockt. Die für uns fremd klingende
mitteltönige Stimmung macht diese Neuerscheinung zu einer besonders
exotisch wirkenden Entdeckungsreise.Die vergleichsweise gemäßigte, höfisch-elegante Musik des Neffen
François „Le Grand" ist bei aller formalen Bändigung um nichts minder
originell – vermittelt sie doch zwischen den damals gängigen Stilen,
mischt italienischen und französischen Gusto virtuos zum
spätbarock-modernen Amalgam, das den Cembalisten Bertrand Cuiller so
reizt, dass er sich vorgenommen hat, sämtliche Cembalowerke Couperins
aufzunehmen. Der erste Band des Mammut-Unternehmens, im Jänner 2018
eingespielt, lässt brillante, doch immer charmant-bildhafte Musik hören,
tänzerisch beschwingt und oft theatralisch aufrauschend im groß
ausregistrierten Cembalo-Klang. Ideale Ergänzung zu dieser Couperiniade:
die Wiederauflage (auf Alia Vox) von Jordi Savalls 1983 in
Starbesetzung (mit Hopkinson Smith und Ton Koopman) aufgenommener
Interpretation der Sonaten und Suiten „Les Nations", die der
Farbenpracht der Solowerke mit Elan noch eins draufsetzen. Als
Einstiegsdroge für Originalklang-Skeptiker empfehlenswert.