Dreimäderlhaus

"Jeder Zeit ihre Künstler-Mythen"

Im Gespräch. Angelika Messner hat für eine Neuproduktion, die am Sonntag in Linz Premiere hat, das legendäre "Dreimäderlhaus" neu gedichtet und das Schubert-Bild, das diese Operette transportiert hat, vollständig revidiert.

In Linz wagt man sich ans "Dreimäderlhaus", jene Operette, deren Musik Heinrich Berte aus Schubert-Melodien gefügt hat - auf ein Libretto, das sehr zur "Verbiedermeierung" des Schubert-Bildes beitrug. Angelika Messner hat die Handlung für die Linzer Produktion neu erfunden: "Das Dreimäderlhaus", sagt sie, "war ja eine viel gespielte Operette. Ich fand Bertes Arrangements immer sehr schön und fand es schade, dass die Story eine Aufführung unmöglich macht: Das Schubert-Bild vom ,Schwammerl', der es zu keiner Ehefrau schafft, ist absolut unzeitgemäß. Und auch das Frauenbild - nein, undenkbar!"

Mit Ola Rudner, der Bertes Musik neu arrangiert hat, war sich die Autorin einig, dass vor allem inhaltlich manches anders werden musste. "Wir haben", sagt Messner, "und das war ein Anliegen von Ola Rudner, die ,Unvollendete' mit eingebaut und noch ein paar Lieder ergänzt. Aber prinzipiell sind die Korrekturen nicht auf musikalischer, sondern auf inhaltlicher Ebene geschehen. Eine ,unmögliche' Geschichte neu zu schreiben, ist ja auch eine Herausforderung."

Der Inhalt, "vollkommen gedreht"

Das neue "Dreimäderlhaus" basiert also musikalisch auf dem altgewohnten Sujet: "Ich habe die Struktur weitgehend erhalten", erläutert die Autorin, "weil ich unbedingt alle Berte-Nummern übernehmen wollte, habe aber die Konstellationen und den Inhalt vollkommen gedreht, um das Schubert-Bild und das Frauen-Bild des Originals möglichst zu konterkarieren."

Und sie ergänzt: "War nicht ganz einfach", mit Blick auf manch heute peinlich empfundene Details, vor allem "das biedermeierliche Schubert-Bild und das der Mädchen." Wobei die Anpassungen und "Korrekturen" durchaus einen Lernprozess für die erfahrene Librettistin Messner darstellten, die immerhin schon Operntexte für Jose Carreras verfasst hat: "Weil ich ja alle Musik-Nummern verwenden wollte, musste ich die Geschichte zu jeder Nummer hinführen, und das möglichst glaubwürdig. Da lernt man eine gewisse Flexibilität im Umgang mit einem Plot. Was ich am Originaltext geliebt habe, sind die wienerischen Ausdrücke und Pointen. Die wollte ich erhalten. Da ergaben sich richtige Sprachspiele daraus. Ich hatte großen Spaß beim Schreiben."

Nicht zuletzt wohl reizte Messner die Beschäftigung mit Schuberts Persönlichkeit: "Ich habe viele kleine Zitate aus den Briefen verwendet und teilweise wörtlich eingebaut. Und ich ließ mich von einem Buch von Ilija Dürhammer, der sich mit den homoerotischen Subkulturen im Schubert-Kreis beschäftigt hat, inspirieren. Ich fand das einen spannenden Ansatz, der weit weg vom Schubert-"Schwammerl"-Bild liegt."

Umstrittener Schubert im TV

Erinnert sich Messner noch an die Proteste gegen Fritz Lehners TV-Dreiteiler "Mit meinen heißen Tränen" Mitte der Achtzigerjahre? "Ja, ich kann mich erinnern, da wurde Schubert als sehr unglücklicher, leidender Mensch gezeigt. Ich glaube, dass sich jede Zeit eigene Künstler-Mythen schafft und dass diese Bilder mehr mit einem selbst als mit dem Komponisten und seiner Musik zu tun haben."

Für die Autorin ist es nicht das erste Mal, dass sie sich einem großen "bekannten Unbekannten" nähert: "Für mich ist - und das haben wir ja mit Vivaldi an der Volksoper auch schon gemacht - eine Biografie eine Projektionsfläche; etwas, das man interpretieren kann und auch muss."

Da sie selbst Musikerin ist, kennt Messner Schuberts Welt auch quasi "von innen" und schwärmt: "Ich liebe das Streichquintett. Ich habe ja Geige studiert und viel Kammermusik gespielt. Und ich kenne kaum ein Werk, das mich beim Spielen mehr berührt als dieses Quintett." Auch Symphonisches gehört zu den prägenden Schubert-Erlebnissen: "Als junges Mädchen die ,Unvollendete' im Hochschulorchester in Oberschützen. Und eben das Quintett, aber auch die Lieder begleiten mich mein ganzes Leben."

Anders als bei ihren Arbeiten für Jose Carreras ist Messner diesmal nun "einfache Zuschauerin": "Mit Carreras hatte ich im Vorfeld mehrfach Kontakt, da war ich auch bei allen Proben in Bilbao dabei. Hier in Linz war ich in die Probenarbeit nicht involviert. Ich gehe in die Premiere, bin wirklich gespannt und freue mich drauf."