Ewald Markl

Die Kunst, mit leisen Pointen die Wahrheit zu sagen

Heute, Montag, verabschiedet sich die Musikwelt auf dem Friedhof in Perchtoldsdorf von Ewald Markl, einem echten Klassikkenner.

Heute Nachmittag heißt es Abschied nehmen. Ewald Markl ist gestorben. Mit dem Namen werden viele Musikfreunde wenig anfangen können. Das Gesicht war vielen vertraut. Wie kaum ein anderer hat er die Entwicklung des heimischen Musiklebens verfolgt – und in Beziehung gesetzt zu dem, was in der weiten Welt passiert. Er kannte beides, die V erstrickungen und V erwicklungen wienerischer und – nicht zu vergessen – salzburgischer Provenienz, und die Ränke der internationalen Konzertpolitik. Das hatte allerhand miteinander zu tun in jener Ära, da man dem, musikhistorisch betrachtet, so schöpferischen Österreich der Klassik und der frühen Moderne ein nachschöpferisches Potenzial entgegenstellte, das noch einmal auch aus amerikanischer, und erst recht aus fernöstlicher Perspektive rechtens von einem ,,Musikland" fabulieren ließ.

Ewald Markl war über lange Zeit hin der mediale Begleiter von Musikern wie Herbert von Karajan und der Wiener Philharmoniker. Als führender Kopf der Deutschen Grammophon Gesellschaft war ihm ein Einblick ins Vermarktungsräderwerk beschieden, ein Umstand, den er unvergesslich amüsant als wenig beneidenswertes Schicksal zu schildern wusste. Radiohörer kamen eine Zeitlang in den Genuss seiner mit sonorer Stimme vorgetragenen Pointen, die enormes Wissen über die Musik verrieten, die aber auch verschmitzte Andeutungen über manche anekdotische Begebenheiten enthielten, die sich während der Aufnahmesitzungen zugetragen haben mochten.

Zurückhaltend blieb Markl diesbezüglich auch im persönlichen Gespräch. Sein Witz ermöglichte ihm freilich subtile Andeutungen, die mehr aussagten als der notorisch brachiale Wiener Kolportage- Tratsch. Vollends vergnüglich konnte es sein, in einem vielleicht nicht ganz so guten Konzert eines hochgepriesenen Klassikstars in der Reihe vor Ewald Markl im Goldenen Musikvereinssaal sitzen zu dürfen. Oft genügte ein dezentes, schon drei Reihen weiter nicht mehr vernehmbares Hüsteln im rechten Moment . . .

Die Klassikbranche kannte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einige Kenner seines Kalibers, Kenner, die es verstanden, ohne viel Aufhebens zu machen, zumindest mitzuhelfen, daß die Weichen in die richtige Richtung gestellt wurden. Markl war einer der Letzten, ehe die amerikanische PR-Industrie ihre Girlie- und Bubi-Politik flächendeckend über die Musikvermarktung breiten konnte.

Heute um 14 Uhr – während der Verabschiedung in Perchtoldsdorf – werden manche Connaisseurs, die das Glück hatten, den Dialog mit ihm pflegen zu dürfen, an Ewald Markl denken. Und ich bin mir sicher, daß fast alle – und gewiss ganz in seinem Sinne – dabei lächeln werden. Weil ihnen die eine oder andere markante Sentenz einfallen wird – wie noch oft in Konzerten an den rechten Stellen . . .