Igor Levits Debüt

Igor Levits offizielles, atemberaubendes Musikvereins-Debüt: Beethovens ,,Hammerklaviersonate", für Pianisten wie Hörer eine Grenzerfahrung, geriet zum triumphalen Einstand.

Die ,,Hammerklaviersonate" als Debüt-Stück? Diese enigmatische Symphonie für Klavier mit dem unenträtselbaren, schier endlosen langsamen Satz und dem klaviertechnisch wie hörpsychologisch so schwer zu bewältigenden Fugen-Finale? Igor Levit, dem 26 Jahre jungen Mann aus Hannover, geht sagenhafter Ruf voraus – nicht nur im Sinne zirkusreifer Tastenakrobatik, über die er bei diesem Werk auch gebieten muss, sondern auch in Sachen intellektueller Durchdringung von Partituren. Letzte setzt ihn instand, auch besagtes Adagio vor einer Hörerschaft auszubreiten, ohne daß diese den Faden zu verlieren droht.

Levit bewahrt sich den Überblick über die dramaturgische Struktur der Musik, er bindet, offenbar aus einem natürlichen Gefühl für die ausgreifende Melodik des späten Beethoven geboren, weite Strecken zu sinnvollen Einheiten, entwickelt Gesangslinien auch aus dem Rankwerk üppig sprießender Koloraturen.

Die Kunst subtiler Farb- und Klangnuancierung – die Levit etwa auch in den Präludien von Dmitri Schostakowitsch mit Lust in aller gebotenen Variantentechnik auskostet – nützt er bei Beethoven zur Verdeutlichung kontrapunktischer Schichtungen; und das noch in der rasanten Bewegung von fugierten, kühn geschichteten Verläufen, in der ,,Hammerklaviersonate" wie in der A-Dur-Sonate op. 101, mit der dieser außergewöhnliche Abend im Brahmssaal des Musikvereins anhob.

Bemerkenswert – und wie die koloristischen Qualitäten des Spiels stets zur strukturellen Verdeutlichung genutzt – ist auch Levits Gefühl für rhythmische Pointierung, etwa im elektrisierend nuancierten Marsch des op. 101. Diese Tugend wird im gefürchteten ,,Hammerklavier"-Adagio zum Ariadne-Faden: Dort, wo auch bedeutende ältere Interpreten regelmäßig an Beethovens metrischen Verwirrspiel zu scheitern drohen, artikuliert Levit mit traumwandlerischer Sicherheit, ohne daß dieses ,,Taktgefühl" dem Schwebezustand, den der Komponist hier suggeriert, seinen Reiz nähme.

Dem Jubel des Publikums dankte der Pianist mit Liszts Arrangement von ,,Isoldens Liebestod" aus Wagners ,,Tristan" – suggestive, vielfältig klanglich aufgefächerte ,,unendliche" Melodie auch hier. Selten dürfte ein Konzert des Zyklus ,,Rising Stars" dessen Namen solche Ehre gemacht haben.