Leon Fleisher

Zwischentöne Mit der linken Hand gespielt, aber keine Halbheiten gemacht

92-jährig starb kürzlich der amerikanische Pianist Leon Fleisher, der auch bei den Salzburger Festspielen Interpretationsgeschichte schrieb.

In vollem Gang sind allen Unkenrufen zum Trotz die Salzburger Festspiele. Sie erfüllen im Jubiläumsjahr, wenn auch in zeitbedingt reduzierter Form, eine ihrer vornehmsten Aufgaben: Man diskutiert über Mozart-Interpretation.

Das war beinah von Anbeginn so. Schon 1922 spielte man Mozart-Opern, und bald schon schrieb man auch im Konzertsaal Mozart-Interpretationsgeschichte. Gottlob ist viel von dem, was da geschehen ist, dokumentiert. Darauf wurden Musikfreunde wieder aufmerksam, als sie die Meldung vernahmen, der amerikanische Pianist Leon Fleisher sei gestorben.

Fleisher war einer der bedeutendsten Pianisten des 20. Jahrhunderts, obgleich es ihm das Schicksal schwer gemacht hat. Wenige Jahre nach dem spektakulären Sieg beim Brüsseler Reine-Elisabeth-Wettbewerb und ersten epochemachenden Schallplattenaufnahmen laborierte Fleisher an Lähmungserscheinungen der rechten Hand.

Das hätte das vollkommene Aus für seine Karriere bedeuten können, doch arbeitete der Künstler weiter - und etablierte sich als Spezialist für das gar nicht so arme Repertoire an Klaviermusik für die linke Hand. Nicht nur dank der Auftragsarbeiten, die Paul Wittgenstein nach seiner Kriegsverletzung an bedeutende Komponisten der Moderne vergeben hatte, fand Fleisher ein erstaunlich reiches Betätigungsfeld.

Er war auch die logische Wahl, als es galt, die Wiener Erstaufführung der wieder aufgefundenen Konzertmusik op. 29 von Paul Hindemith zu musizieren. Fleisher tat es mit dem RSO unter Bertrand de Billys Leitung mit dem nötigen Impetus.

An diesem Abend beeindruckte er aber auch mit Mozart - man schrieb das Jahr 2005 und die medizinische Kunst war so weit fortgeschritten, dass komplizierte Behandlungsmethoden Fleishers rechte Hand wieder "zum Leben erweckt" hatten. So erwies er sich als feinsinniger Interpret von Mozarts A-Dur-Konzert, KV 414.

Mit Salzburg hatte das insofern zu tun, als eine der brillantesten aller denkbaren Wiedergaben des C-Dur-Konzerts, KV 503, bei den Festspielen 1957 entstanden - Fleisher im geistreichen Dialog mit den Berliner Philharmonikern unter George Szell; ein Beispiel für unverzärteltes, hoch differenziertes, kraftvolles Mozart-Spiel der Ära vor Ausbruch des Originalklangwahns. Man sollte die CD gehört haben. Es ist auch die beste Art, sich eines Meisterpianisten zu erinnern.