Oper und Design

Zwischentöne Vielleicht besser als eine neue Regie: Stars in Designerroben Soll man in den Ersatzvorhaben dieser spielfreien Theatersaison etwas Gutes finden? Mailand entgeht heuer dem Holzhammer der Bühnenbildner.

Der 7. Dezember, der gehörte im großen Konzert des internationalen Musiklebens traditionsgemäß der Mailänder Scala. Am Tag des Stadtheiligen Ambrosius eröffnete stets die neue Saison. Gespielt hat man im Haus auch im Herbst, aber dem Abend der feierlichen Inaugurazione war die fashionable Premiere vorbehalten.

Heuer wird daraus natürlich nichts. Denn die Corona-Maßnahmen machen es einem Haus, das seit Jahr und Tag dem Stagionebetrieb huldigt, völlig unmöglich, in der geplanten Zeit mit dem jeweils für die Produktion neu zu engagierenden Ensemble eine neue Inszenierung einzustudieren.

Die Wiener Staatsoper konnte inzwischen ihr ehrgeiziges Projekt der Erstaufführung des "Verratenen Meers" von Hans Werner Henze vorantreiben und wird zum vorgesehenen Termin damit fertig werden. Vor Publikum kann sie nicht gezeigt werden, aber das hauseigene Streaming-Team wird es möglich machen, dass auch diese wichtige Produktion nicht nur in Ö1 gesendet, sondern im Netz auch angeschaut werden kann.

Der ORF, der in dieser Notzeit mit der Staatsoper reibungsloser kooperiert als gewohnt, zeigt immerhin einige Star-Abende in seinen Programmen: Es würde zwar vielleicht auch zum Kulturauftrag einer öffentlich-rechtlichen Anstalt gehören, mitzuhelfen, eine der bedeutendsten Opern der jüngeren Vergangenheit für eine professionelle Videodokumentation aufzubereiten. Aber "Tosca" mit Anna Netrebko ist ja erfreulich, auch wenn die Welt sie jüngst schon einmal sehen konnte - aus der Mailänder Scala.

Wichtig ist, dass in Wien auch ohne Publikum weiter an Opernproduktionen gearbeitet wird. Für die "Moral der Truppe" ebenso wie für die Außenwirkung.

Um die ist man verständlicherweise auch in Mailand bedacht. Und weil dort heuer nicht in neuen Kulissen Donizettis Lucia di Lammermoor wahnsinnig werden darf, gibt man die stattdessen geplante Eröffnungsgala in Kostüm und Maske.

Und die Kostüme steuern große Modehäuser bei. Kann sein, dass es Interessenten, die sich einen ganzen "Don Carlos" nicht im TV anschauen würden, doch reizt, wenn Elina Garanca in eine Robe von Valentino gehüllt, mit Ebolis "O don fatale" über den Fluch der Schönheit räsoniert.

Dazu in echten Scala-Kostümen Camilla Nylund und - als Gast aus Wien - Andreas Schager im "Walküren"-Duett. Von der geplanten "Lucia" bleibt immerhin eine Arie, gesungen von Lisette Oropesa, gekleidet von Armani. Jonas Kaufmann hat zwar wieder abgesagt. Für ihn springt aber Piotr Beczala ein und singt "Nessun dorma" im Dolce-&-Gabbana-Smoking - auch nicht schlecht.