Operette im Internet

"Fledermaus" mit Handy und Mundschutz

Eine wienerische Operntruppe spielt via Internet weltumspannend die Operette von Johann Strauß.

Livestream, gut und schön. Aber das ist noch einmal etwas ganz anderes: Anna Bernreitner, Gründerin von "Oper Rund Um", beschloss, mit einer jungen Sängertruppe eine Operettenproduktion zu realisieren, bei der die einzelnen Darsteller ihre Wohnungen nicht verlassen müssen. Im Zeitalter des Selfies können ja auch Künstler Duette miteinander singen, wenn sich einer vielleicht gerade jenseits des Ozeans aufhält.

Gesagt, getan. Bernreitner erzählt: "Da ich im vergangenen Juni im Rahmen des ,Wir sind Wien'-Festivals mit meinem Opernkollektiv die ,Fledermaus' aufgeführt hatte, kam mir die Idee, die Basis dieser Produktion zu nutzen. Mir war das Stück vertraut, ebenso den Sängerinnen und Sängern. Ich wollte das Stück als Stay-at-home-Projekt produzieren. Jeder ist zuhause, jeder singt von zuhause aus, filmt sich dabei und spielt somit für unsere virtuellen Zuschauer."

Dabei sollten alle Musiknummern der Operette genutzt werden, das Stück aber für unsere Zeit und die aktuelle Situation neu erzählt werden. In Häppchen verbreitet die Truppe nun die Szenen via Facebook. Man hält gerade am Beginn des zweiten Akts - Orlofsky kauft für seine Party ein und singt sein Couplet natürlich mit Mundschutz, so lange er (pardon, natürlich sie!) im Supermarkt einkauft. Das funktioniert in aller Regel prächtig und ist wirklich voll von amüsanten Pointen. Es birgt auch Überraschungen technischer Natur: Pünktlich nach Regiebuch funktionieren, wie sich zeigt, sogar Umarmungen von Bildschirm zu Bildschirm; beinah zumindest.

Vielleicht können sich manche Wiener Operettenfreunde sogar erinnern, diese Produktion mit dem von Anne Wieben als Rosalinde angeführten Ensemble schon einmal gesehen zu haben. Freilich nicht in einem Theater, sondern in mindestens ebenso ungewöhnlicher Umgebung wie derzeit: Die Urgestalt dieser "Fledermaus" war im Juni 2019 in acht Freibädern Wiens bei laufendem Badebetrieb zu erleben. Die Regisseurin erinnert sich: "Das war gewiss eine ungewöhnliche Spielsituation zwischen Pommesstand und Beckenrand. Aber diesmal stehen wir vor ganz anderen Herausforderungen. Jede Sängerin, jeder Sänger ist allein zuhause mit seinem Handy oder Laptop, bekommt von mir eine kurze Mail zur jeweiligen Szene, und dann gehts los. Zur Klavierbegleitung filmen sie sich, singen sie, spielen sie, versuchen meine Regie einzuhalten, müssen improvisieren - und sollen vor allem lustig sein."

Erstaunlicherweise gelingt das zum Großteil bestens. Den fertigen ersten Akt findet man auf der Facebook-Seite "/operrundum/", die einzelnen Szenen auch auf Instagram.