Patricia Petibon

Frauenliebe und -leben, einmal anders

Musikverein. Patricia Petibon und Susan Manoff präsentierten das Lied-Programm ihrer jüngsten CD im Brahms-Saal und schufen mit ihrem inszenierten Klangtheater den adäquaten Raum für große Emotionen.

15. Februar 2020

Es klingt anders. Es sieht auch anders aus. Ein ganz normaler Liederabend ist von Patricia Petibon und Susan Manoff nicht zu erwarten. Das weiß mittlerweile auch das treue Wiener Abonnementpublikum und fühlt sich nicht mehr provoziert, wenn die Damen auf dem Podium des Brahms-Saals erscheinen. Man hat gelernt zu genießen, was dieses Künstler-Gespann zu bieten hat.

Gegen alle klassischen Gesetze

Den schlimmsten Herausforderungen eines Solo-Recitals sieht die Petibon ja ohne Weiteres in die Augen. Sie steht stumm auf dem Podium, während ihre Pianistin zum Auftakt Busonis Arrangement des Bach-Chorals "Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ" spielt - und lauscht, wie das Publikum, was Susan Manoff da zu bieten hat.

Sie ist auf die Umhegung frei fließender Gesangslinien so sehr konditioniert, dass sie die Melodie auch in dieser Choral-Bearbeitung vom ersten Moment an, deutlich artikulierend, zur Hauptstimme macht. Drum herum lässt sie Bachs Kontrapunkte fließen, als wären es ihre eigenen Improvisationen. In dieser Art musiziert sie auch den ganzen folgenden Abend lang sozusagen fantasievoll um den Gesang der Sopranistin herum, ihn kommentierend, vorantreibend oder kontemplativ grundierend.

Mit Raffinement baut Petibons Kunst das Klangtheater, das schon auch von dem notorischen Hang der Sängerin zu Stofftieren und tänzerischer Verbrämung ihrer Programmfolgen Gebrauch macht. Doch dienen die theatralischen Zelebrationen in der Regel der Unterstützung des musikalischen Eindrucks - und der ist enorm, vor allem dort, wo die Stimme rücksichtslos gegen alle Gesetze des klassischen Schöngesangs, gradlinig und messerscharf Texte nachempfindet.

Die sind im aktuellen Programm oft liebessehnsüchtig oder auch todesbereit - dann aber gleich wieder himmelhoch jauchzend; und haben alle irgendwie mit dem Meer zu tun. Wenn aber zuletzt der Sopran ganz innig die Erinnerung an "Danny Boy" beschwört, tropft manchem im Saal ein Tränlein von der Backe . . .