Rusalka (Bezsmertna/Beczala)

Blühende Klänge in dahinwelkender Regie-Zivilisation

"Rusalka" in Traumbesetzung mit Piotr Beczala an der Staatsoper.

1. Februar 2020

Das sind Aufführungen, bei denen früher einmal Stehplatzbesucher keine Reprise versäumt hätten: Dvoraks "Rusalka" in Traumbesetzung, unter der Leitung eines jungen tschechischen Dirigenten, der sich aufs Idiom versteht . . .

Kaum ein Rollendebüt bei dieser 20. Vorstellung von Sven-Eric Bechtolfs Inszenierung in den trostlosen Bühnenbildern Rolf Glittenbergs. Angehörs der Musik fragt freilich niemand, warum dieses Epos von der Allgewalt der Natur in einem vom Menschen längst ruinierten Ambiente spielen muss. Die Sänger, die sich diesmal hier einfinden, scheinen alle gerade auf dem Höhepunkt ihrer stimmlichen Entfaltung, im vollen Saft der gestalterischen Möglichkeiten, sozusagen. Allen voran der Prinz des Piotr Beczaa, der vom Lohengrin nun wieder ins slawische Repertoire gewechselt hat; und seinen für heldische Attacke begabten Tenor in lyrischen Phrasen von außergewöhnlicher Schönheit fließen lässt. Ihm glaubt man die Verzauberung durch das Feenwesen ebenso wie die Irritation, in die ihn die Begegnung mit der "fremden Fürstin" der vulkanösen Elena Zhidkova stürzt.

Der dramatische Knoten schürzt sich in der Auseinandersetzung mit der stumm gewordenen Rusalka von Olga Bezsmertna, deren Stimme, wenn sie fernab der Zivilisation erklingen darf, schöner, weicher, satter klingt als je zuvor - die paar jählings gefährdeten Spitzentöne gehen wohl eher aufs Konto des Nervenkostüms als der vokalen Potenz, die im hinreißend fließenden "Lied an den Mond" und im Monolog am Beginn des dritten Akts voll erblüht.

Wienerisch-böhmische Sinnlichkeit

Einschüchternd, wie sich's gehört, wirken die Auftritte der Hexe von Monika Bohinec, deren Mezzo in der Tiefe so bedrohlich und unausweichlich zupackt wie in den oberen Registern. Der milde und ebenso ausgewogene Gegenpart dazu ist der Wassermann von Jongmin Park: Eine Bassstimme von solcher Geschmeidigkeit und Ausdruckskraft findet man nicht leicht; dass sie zum Wiener Ensemble gehört wie die gesamte Besetzung, den Prinzen und die Fürstin ausgenommen, erfreut den Habitue.

Eine solch bewegende "Rusalka"-Aufführung ist jenseits von Wien vermutlich wirklich nur in des Komponisten Heimat denkbar, von woher Tomas Hanus kam, um das Staatsopern-Orchester mit sicherer Hand zu führen - und ihm die Freiheit zu lassen, vor allem in den ruhigen Passagen seiner notorischen Klangsinnlichkeit zu frönen.