Sebastian Holecek

Ein Papageno brilliert als Jochanaan

Im Gespräch. ,,Er war mir Freund und Bruder": Sebastian Holecek erinnert sich an seinen Vater Heinz Holecek und dessen Ratschläge. Und er spricht über die Türen, die ihm Richard Strauss' Jochanaan geöffnet hat.

Der Preis, den man ihm jüngst verliehen hat, hätte ,,Papageno" benannt werden sollen und heißt aus juristischen Gründen nun doch ,,Goldener Schikaneder". Dabei hätten die Wiener Musikfreunde verstanden, wenn es beim ,,Papageno" geblieben wäre. Denn der ,,Papageno vom Dienst" ist Sebastian Holecek in den Anfängen seiner Karriere ja wirklich gewesen. Wie manches, war das väterliches Erbe: Den Vater Sebastians, Heinz Holecek, haben Wiener Musikfreunde stets mit dem weichherzig-spaßigen Vogelhändler, wie ihn Schikaneder und Mozart aus dem Wiener Volkstheater entlehnt und geadelt haben, assoziiert.

Beim Sohn war es zunächst ebenso. Wie überhaupt die Figur des 2012 nach langer Krankheit verstorbenen Papas für Sebastian Holecek prägend war. ,,Ein Trauerjahr ist eigentlich zu wenig. Das

weiß ich jetzt. Er war mir Freund und großer Bruder", sagt er und erinnert sich an die vielfältigen Interessen des Vaters, die eminente Bildung – ,,er hat meiner Mutter auf Altgriechisch Briefe geschrieben" – und die unkomplizierten Einladungen zur gemeinsamen Beobachtung von Fußballmatches im Fernsehen. ,,Das hat genau so dazugehört wie die Frage: Was liest du gerade? Unsere Familie hat ein großes Band der Liebe verbunden."

In dunkleren Gefilden als der Papa

Holecek junior folgt sogar, was das Stimmfach betrifft, väterlichen Pfaden – nur, daß sein Bariton dunkler, den Bassregionen näher ist. Die Auszeichnung, wiewohl nach dem ,,Zauberflöten"-Dichter benannt, hat er für seine Interpretation des Jochanaan in der V olksopern-Produktion von Strauss' ,,Salome" bekommen. Die Stimme bewegt sich in Richtung Dramatik.

Am 26. Juni gibt Holecek in einer wegen des großen Erfolgs eingeschobenen Zusatzvorstellung noch einmal den Wotan – natürlich in der Loriot-Version von Wagners ,,Ring an einem Abend". In der Folge wird man den Sänger in finsteren Rollen wie dem Pizarro in Beethovens ,,Fidelio" und in den ,,Bösewichtern" in Offenbachs ,,Hoffmanns Erzählungen" erleben können.

Den Premierenauftritt seines Sohnes in der ,,Salome" hat Heinz Holecek noch erleben dürfen. Der Erfolg, den Sebastian damit feiern konnte, hat ihm offenbar auch wieder den Weg in Richtung Staatsoper geebnet. Mit Direktor Dominique Meyer gab es ein Treffen und die Versicherung, daß es im Herbst 2014 ein Comeback geben wird. Immerhin hat Sebastian Holecek im Mozartjahr 1991 als Papageno am Ring debütiert – beinah 30 Jahre nachdem Heinz sich in derselben Partie dort vorgestellt hatte!

Doch kam es schon fünf Jahre später zum Bruch mit dem damaligen Opernchef, Ioan Holender: ,,Ich hatte ein Engagement für ein Gastspiel als Harlekin in einer von Wolfgang Sawallisch dirigierten Aufführungsserie von ,Ariadne auf Naxos' an der New Yorker Met. Das wollte mir Holender verbieten – als ich doch hingeflogen bin, bekam ich die Nachricht, daß mein Vertrag in Wien nicht verlängert wird."

Es werden also bis zur Rückkehr 18 Jahre verstrichen sein. Holecek erzählt das, ohne sich Verbitterung anmerken zu lassen. An der Volksoper hat er seine Chance genützt, war Escamillo oder Scarpia, doch war am kleinen Haus manches nicht möglich, was er gern gesungen hätte: ,,Wie gern hätt ich einmal den Wolfram gesungen . . ." Aber ,,Tannhäuser" steht am Gürtel nicht im Programm. Andererseits ist ,,dank der ,Salome' in jüngster Zeit viel passiert", freut er sich: Im Gefolge gab es Engagements in München – für die erste Premiere des neuen Generalmusikdirektors, Kirill Petrenko, mit Strauss' ,,Frau ohne Schatten" im kommenden Herbst – für einen neuen ,,fliegenden Holländer" in Straßburg und immer wieder für Londons Covent-Garden-Opernhaus, wo unter anderem der Kaspar in Webers ,,Freischütz" ansteht.

„Nicht der geborene Sängertyp"

Damit darf Holecek zufrieden sein, der sich erinnert, daß er – obwohl oder vielleicht gerade weil er in einem Sängerhaushalt aufgewachsen ist – ,,nicht der geborene Sängertyp gewesen" ist. ,,Ich hab anfangs bestenfalls in der Badewanne gesungen. Aber schon mit 13, 14 hatte ich den dringenden Wunsch, immer wieder auf dem Stehplatz in die Oper zu gehen. Das ist mir dann auch erlaubt worden, nur gegen Ende des Schuljahres musste ich mich immer ein bisschen einschränken, weil meine Eltern mir bedeutet haben, mich vielleicht doch eher der Frage des Durchkommens zuzuwenden. Das war das einzige eherne Gesetz, das bei uns gegolten hat. Mein Vater hat erklärt, er möchte in den Sommermonaten das Wort Schule nicht hören."

Daran hat sich Sebastian gehalten. Und nebenher seine Opernleidenschaft doch zur Reife bringen können. Jetzt gibt er sie behutsam weiter: ,,Mit meinem zehnjährigen Sohn gehe ich ins Haus der Musik, weil er sich freut, dort – wenn auch nur virtuell – die Philharmoniker dirigieren zu dürfen . . ."