Slawische Opern-Gala

Slawische Seele in allen Stimm-Registern

Das Staatsopern-Ensemble führte souverän durch die musikalische Welt unserer östlichen Nachbarn.

Auf seiner Rundreise durch das Opernrepertoire aller Zonen erkundete das Ensemble der Wiener Staatsoper auch die nähere und fernere slawische Nachbarschaft. Da kommen ja manche der jungen Sänger und Sängerinnen her. Also konnten sie sich diesmal bewegen wie die Fische im Wasser. Zum Beweis hob der Abend mit den böhmischen Schwestern der Rheintöchter an, den Nixen aus Antonin Dvoraks "Rusalka" (Diana Nurmukhametova, Szilvia Vörös und Margaret Plummer), deren zündenden Furiant-Rhythmen Kristin Okerlund am Klavier noch kräftig unterzündete.

Dem launigen (vom sonoren Wassermann Jongmin Parks assistierten) Beginn durfte mit Olga Bezsmertnas "Lied an den Mond" gleich ein inniger Höhepunkt folgen. Dem warm strömenden Sopran-Gesang setzte Zoryana Kushpler mit dem Lied des Lel aus Nikolai Rimskij-Korsakows "Schneeflöckchen" satt und dunkel, aber temperamentvoll gesteigert den Gesang des Schafhirten entgegen, in den sich die Titelheldin der Oper zu verlieben hätte - wenn denn das Stück je in unseren Breiten gespielt würde.

Freilich, eine solche Gala ist ja auch dazu da, dass das Publikum etwas kennenlernen darf. Etwa Modest Mussorgskys "Jahrmarkt von Sorotschintsy", der eine effektvolle Dumka enthält, die - apropos Kennenlernen - den schönen, samtig timbrierten Sopran Valeriia Savinskayas wunderbar zur Geltung kommen ließ. Der harmonierte auch mit dem ausdrucksvollen Mezzo Margarita Gritskovas in Tschaikowskys Damen-Duett aus "Pique Dame".

Rachmaninows Kavatine des "Aleko" wurde zum idealen Vehikel für den sonoren Bass Peter Kellners. Die Staatsoper hat, man hörte es auch diesmal wieder, junge Kräfte für alle Stimmlagen am Haus. Sogar eine mehr als achtbare Besetzung für den Lenski ("Eugen Onegin") wie Pavel Kolgatin - und Valentina Nafornita, die längst zum deklarierten Publikumsliebling geworden ist.

Blick in ein Mädchenherz

Vergessen werden darf auch nicht, was altbewährte Mitglieder wie Dan Paul Dumitrescu für die Staatsoper geleistet haben: Ihm dankte das Publikum nach der Arie des Fürsten Gremin so freundlich wie Olga Bezsmertna nach der Briefszene der Tatjana, die zu einer bewegenden psychologischen Studie werden konnte, weil sich der Sopran dieser Künstlerin in den Jahren, die sie in Wien verbracht hat, zu eminenter Ausdruckskraft entwickelt hat. Sie braucht keine Regie, um uns einen anrührenden Blick in eine mutige Mädchenseele werfen zu lassen. Sie tut es mit vokalen Mitteln, ganz Primadonna - selbst eine solche haben wir hierzulande heute im Ensemble . . . Kristin Okerlund bewährte sich wieder als vielseitige Korrepetitorin, ging subtil auf die Bedürfnisse der Solisten ein und hielt in den Terzetten und Quartetten alle konsequent bei Takt und Laune. (sin)