Wie schreibt man Strauß?

Zwischentöne Laßt uns in Ruh' mit sinnlosen Buchstaben- und Zahlenspielen

Kaum hat sich die Musikwelt auf allseits akzeptierte Nomenklatur geeinigt, kommen Besserwisser.

Wie schreibt man Johann Strauß? So, wie ich ihn gerade geschrieben habe - oder doch mit Doppel-S? Wenn es nach den Sachwaltern des Strauß-Erbes geht - den Nachkommen jenes "schönen Edi", der den ganzen Nachlass seiner Brüder im Ofen verbrannt hat -, dann sollte die gesamte Literatur wieder umgeschrieben werden, die in den vergangenen Jahrzehnten einen praktikablen Ausweg aus der Nomenklatur-Krise gefunden hatte: Die Walzer-Sträuße mit "ß", um sie von Richard Strauss zu unterscheiden - Oscar hat ohnehin nur ein "s" am Schluss.

Jetzt könnten historische Korrektheitsfanatiker mühelos ermitteln, dass sich Richard zeitlebens gern mit "ß" geschrieben hat und sein Name auf zeitgenössischen Plakaten auch so gedruckt wurde. Sollen wir deshalb die endlich erreichte Einheitlichkeit wieder umstoßen? Und: Was sollte das für einen Sinn haben - außer, dass es wieder alles durcheinanderbringt.

Ich könnte übrigens auch ein Manuskript vorzeigen, das Johann Strauß Sohn mit dem in der damaligen Schreibschrift üblichen Schluss-S unterzeichnet hat, dem unser gedrucktes "ß" entspricht. Also?

Um das Maß voll zu machen, kündigt das Wiener Konzerthaus jetzt Mozart-Klavierkonzerte nach der sechsten Auflage des Köchelverzeichnisses an, die brav alles chronologisch richtig einordnet, aber alles über den Haufen wirft, was unter Musikfreunden bis vor Kurzem für gewisse Orientierungssicherheit gesorgt hat.

Wenn man uns immerhin zumindest in Klammer die altgewohnten Köchel-Nummern ließe, wäre schon viel gewonnen. Für unsereinen wird ja auch das frühe Es-Dur-Klavierkonzert, das, wie man seit einiger Zeit weiß, einem Fräulein Jenamy zugedacht war, das "Jeunehomme-Konzert" bleiben - wie es auf den besten Schallplattenaufnahmen verewigt ist.

Namen sind ja dazu da, dass man einander erkennt - sollte man denken. Seien wir froh, dass wir den Zirkus bei Schubert nicht mitmachen müssen: Die "Unvollendete" bleibt die "Unvollendete" - ob als Nummer 7 oder 8 oder 9 . . .