Zum Tod von Christian Strauss

Wenn ein Komponist eine Jugendsünde zweimal begeht

Was Richard Strauss einst von seinem Enkel lernen konnte und was man in seinem Nachlass noch alles an musikalischen Juwelen finden kann.

10. Februar 2020

Am vergangenen Wochenende ist nach langer Krankheit Christian Strauss gestorben, der jüngere der beiden Enkelsöhne von Richard Strauss. Seines Zeichens Mediziner, in Wien aufgewachsen, hat er sich als Oberhaupt der Familie doch lange Zeit um die Verwaltung des künstlerischen Erbes gekümmert.

Die Strauss-Gesellschaft bewahrt nicht nur die berühmte Villa in Garmisch, sondern in einem eigenen Gebäude auch den musikalischen Nachlass, Partituren, Aufzeichnungen und Notenmaterial, das den Interpreten Strauss dokumentiert: Als Dirigent war der Komponist zuzeiten ebenso berühmt wie sein gleichfalls dirigierender Kollege Gustav Mahler.

Neue CD von Raphaela Gromes

Der Zufall will es, dass am Todestag von Christian Strauss eine neue CD (Sony) erschien, die Musikfreunde nachhören lässt, welche Schätze sich aus solch einem Archiv heben lassen.

Das Duo Raphaela Gromes und Julian Riem hat fast auf den Tag genau vor zwei Jahren sein Wien-Debüt mit einer fulminanten Wiedergabe der frühen Strauss'schen Cello-Sonate op. 6 gefeiert. Diese gilt neben der Violin-Sonate op. 18 als wichtigstes Dokument der ersten Kompositions-Phase des späteren Meisters der symphonischen Dichtung und des Musikdramas. Im Strauss-Archiv fand sich nun ein weiteres, zwei Jahre älteres Manuskript einer Cello-Sonate, die nur auf den ersten Blick wie eine Frühfassung des Opus 6 von 1883 aussieht. Zwar gibt es eine enge Verwandtschaft zwischen den beiden Kopfsätzen, doch hatte Strauss ursprünglich zwei völlig andere Sätze folgen lassen.

So kann man tatsächlich von zwei Cellosonaten des später der Kammermusik abholden Richard Strauss sprechen. Gromes und Riem haben nun beide Werke für CD eingespielt - die Sonate von 1881 als Welt-Erstaufnahme. Das muss jeder Richard-Strauss-Verehrer gehört haben, erstens weil da wirklich ein zumindest zu zwei Dritteln völlig unbekanntes Stück zu entdecken ist, und zweitens weil die beiden ganz einfach schön und mit hinreißendem Schwung musizieren.

Einige leuchtend aufblühende Lied-Arrangements und eine kleine, von Julian Riem effektsicher eingerichtete "Rosenkavalier"-Suite ergänzen das CD-Programm, dessen Zusammenstellung dem Strauss-Enkel noch große Freude bereitet hatte.

Den kindlichen Instrumental-Studien von Christian Strauss verdankte übrigens wiederum der Großvater seine späte Zuwendung zu kleinen Etüden - und die Erkenntnis, 6/8- sei schwerer zu bewältigen als 2/4-Takt. . .